The bird and the bee: Eine Bildergeschichte über Kunst und Liebe

 

Stefanie Woschek ist eine der wenigen Künstlerinnen, die konsequent mit Bildergeschichten arbeitet. Ihre Bilderserien der vergangenen Jahre sind zusammenhängende, visuelle Geschichten mit philosophischen, existentiellen, gesellschaftlichen und metaphysischen Botschaften. Das Persönliche vermischt sich mit dem Universellen, das Mikroskopische mit dem Makroskopischen und das Tragische mit dem Humoristischen in diesen faszinierenden Bilderbüchern.

 

In ihrer Serie „The bird and the bee“ ist es die Rolle des Künstlers, die thematisiert wird. Was bedeutet es, Künstler zu sein und welche Konsequenzen hat dieses oft isolierte Dasein, besonders in Relation zu der Liebe?

 

Das Thema ist hoch-romantisch. Wir kennen es u.a. von H.C. Andersen, der – vermutet man – ganz bewusst in Liebesangelegenheiten Schiffbruch suchte, um danach umso besser dichten zu können.

 

Stefanie Woschek bezeichnet selbst die Kunst als ihre wahre Liebe, aber ihre Bilderserie geht – obwohl durch persönliche Erlebnisse inspiriert – weit über das Autobiografische hinaus.

 

Die Bilder sind zwar naturalistisch, wir erkennen Berge, tiefe Schluchten und Täler, aber die Gesamtheit ist vereinfacht mit Schwerpunkt auf geometrische Grundprinzipien, Diagonalen, Kegelformen, Kreisen und Quadraten, und die Farben sind tief, gesättigt und innig. Die Landschaften sind mehr Stimmungslandschaften, als dass sie physisch wiedererkennbar wären. Dies wird durch den Umstand verstärkt, dass Stefanie Woschek oftmals surrealistische Wirkungsmittel benutzt und Objekte aus verschiedenen Wirklichkeitssphären in ein und demselben Bild zusammensetzt, wie wenn wir plötzlich ein menschliches Gesicht oder Teile eines Körpers in einer Berglandschaft erkennen oder wenn Steinfiguren wie lebendige Menschen agieren. Wenn man von einer Wirklichkeit sprechen kann, dann ist es eine poetische oder künstlerische Wirklichkeit.

 

Stefanie Woscheks Texte und Bilder sind daher ein großes, zusammenhängendes Universum. Die Erfahrungen, die der Maler im Laufe der Serie macht, sind ihre eigenen. Sie hat alles durchlebt, so wie auch wir alles durchlebt haben. Wir nicken und erkennen den Schmerz, die Ungewissheit und den Zweifel. Aber genauso wenig, wie man den Ich-Erzähler in einem Roman dem Autor gleichstellen kann, kann man den Künstler in der Serie mit dem Menschen Stefanie Woschek vergleichen. Im letzten Bild der Serie wird der Brief der Freundin gleich wegwehen, vom Wind getragen, hinaus ins Nichts. Dem unentschlossenen Maler, der bis jetzt keine Verantwortung für sein Leben übernommen hat, ist in Wirklichkeit durch die Abweisung seiner Freundin geholfen worden: Die Entscheidung wurde für ihn getroffen, und er kann sich jetzt, abgeklärt, ganz seiner Berufung widmen: Der Kunst.

 

Stefanie Woschek steht ganz für sich selbst auf der dänischen Kunstszene. Ihre Bildergeschichten sind - außer schön und sinnlich – auch berührend auf eine sehr persönliche Art und Weise. Sie sprudeln von existentiellen Problemstellungen, ohne dass sie intellektuell distanzieren. Sie berühren und machen klüger. Sie verdienen ein großes Publikum.

 

 

 

Tom Jørgensen, Redakteur der Zeitung „Kunstavisen“, Kunsthistoriker.